Wandern im Ausland
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Das Gold des Nordens
Auf Bernsteinsuche in Litauen
05.04.2024 • Text: Thomas Gloor
An der Ostseeküste Litauens findet man Bernstein. Ein gutes Auge ist dafür aber nötig. Bilder: Thomas Gloor
Entlang der Ostseeküste von Karklė in Litauen können Wandernde
Bernsteine finden. Wie das geht und welche Geheimnisse in den leuchtenden
Goldsteinchen stecken, erklärt Wanderführer Igoris Osnač. Ein
Tag auf einer der vielen Etappen des Baltischen Küstenwanderwegs.
Die Ostseeküste von
Karklė in Litauen ist
ein beliebter Ort für
Bernsteinjäger. Hier,
wo das Meer Schwemmholz und
Algen an den Sandstrand spült und
Möwen den Himmel durchstreifen,
beginnt die faszinierende Suche
nach dem «Gold des Nordens».
Igoris Osnač gewährt Interessierten
auf Wanderungen entlang der
Küste einen einzigartigen Einblick
in die Welt der Bernsteinjagd.
Doch bevor die Wanderung losgeht,
lädt Igoris ins Besucherzentrum
des Pajuris-Regionalparks
ein. Hier erzählt er, dass die Suche
nach Bernstein für ihn nicht
nur ein Beruf ist, sondern eine
Berufung, die tief in seiner
Kindheit verwurzelt ist.
«Ich bin hier geboren und schon
als Kind mit den Bernsteinjägern
in Kontakt gekommen», erzählt er
mit einem Hauch von Wehmut in
der Stimme. Trotz der Widrigkeiten
des Zweiten Weltkrieges wagte
er sich als kleiner Junge heimlich
an die Strände, um nach den goldgelben
Steinchen zu suchen.
Glücksbringer, Schnaps und Feuerwerk
Die Bedeutung des Bernsteins hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. «Früher brauchte man eine Lizenz von der Regierung, um Bernsteine zu sammeln», erklärt Igoris. «Heute ist das nicht mehr nötig.» Er greift zur Brust, wo ein rundes Siegel hängt. Stolz zeigt er es: «Königliche Bernsteinwerke » steht auf der Metallplakette. «Früher war Bernstein als Schmuck wichtig, heute gilt er mehr als Glücksbringer », erzählt er weiter. Doch für viele Menschen seien Bernsteine einfach nur Steine. Für ihn aber seien sie Fenster in die Vergangenheit.
«Bernsteine sind fossile Baumharze, die im Laufe von Jahrmillionen versteinert sind», erklärt er und spricht über die faszinierenden Merkmale und Eigenschaften dieses einzigartigen Naturphänomens. Von der Farbe über die Transparenz bis hin zu den eingeschlossenen Objekten – Inklusen genannt – ist jeder Bernstein eine reiche Informationsquelle über die damalige Flora und Fauna. Denn Bernstein hat sich vor Millionen von Jahren gebildet. Die Ostsee war damals eine subtropische Zone mit Koniferen, die viel Harz produzierten. Dieser versteinerte mit der Zeit. «Heute gibt es aber keine solchen Nadelhölzer mehr, sie sind leider ausgestorben.»
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