Eine knappe Stunde geht es zu Fuss durch die
Taubenlochschlucht hinauf, bis die Schlucht den Blick frei gibt auf ein Restaurant,
das mit viel Patina und Poesie aufwartet: das Restaurant des Gorges. Das Wetter könne hier «viel besser
sein als schön», ist auf der Website zu lesen, nämlich «nebelverhangen, blattgoldwild
oder morgenfrischleise». Deshalb sei sein Restaurant das ganze Jahr über
geöffnet, damit man diese Stimmungen miterleben könne, sagt Juri Oppliger,
Besitzer dieser romantischen Ecke.
Da auch das Menüangebot wechselhaft ist, gibt es keine
Karte, sondern eine Schiefertafel, die in der Beiz herumgetragen wird. Etliche
Angebote widerstehen allerdings der Poesie des Vergänglichen – die Brotsuppe zum
Beispiel, an sich ein Restegericht. Aber Elias, der Küchenchef, würzt sie mit
Kümmel und seiner hausgemachten Peperoncinipaste, was sie zu einer delikaten
Ouvertüre macht. Ebenfalls immer auf der Tafel sind die Blätterteigpastetli mit
Pilzragout. «Für viele Gäste ist das Gericht mit Kindheitserinnerungen
verbunden», erklärt Juri, «auch meine Mutter hat früher oft Pastetli
zubereitet. Kommt dazu, dass diese Seelenwärmerli vegetarisch sind, also voll
im Trend.»
Dessert? Crème brulée, Panna cotta oder Affogato
(Espresso mit Vanilleglacé und Schokoladesauce) sind fast immer zu haben. Oder der
Kokos-Wackelpudding, der überhaupt nicht wackelt, weil er mit einem
Beerencoulis im Glas serviert wird.
Juri, der Aus- und Quereinsteiger
Sich fotografieren lassen, das wollte Juri nicht. Es gebe
Spannenderes, meint der Mittfünfziger, der auf einem Bauernhof bei Mühleberg
aufgewachsen ist. Die riesigen Tulpenbäume zum Beispiel, die den Aussenbereich
überdachen. Die Äste verneigen sich tief vor den Gästen, manche reichen bis
fast auf den Boden, sodass man sich als Gast in einem grünen Kokon wähnt.
Unweigerlich stellt sich das Gefühl ein, angekommen zu
sein. Auch Juri Oppliger ging das so, als er 2015 das Restaurant samt Umschwung
kaufte. «Reihenweise sind die Mitbewerber ausgestiegen. Am Schluss blieb nur noch
ich übrig, der sich hier hinten, am Ende der Welt, eine Existenz aufbauen
wollte.»
Juri der Aussteiger – und das schon früh. Statt am Lehrerseminar weiter zu studieren, hat er im «Teestübli» in Bern kochen gelernt, einem der ersten Bio-Vegi-Restaurants der Schweiz. In politisch bewegten Restaurants ging es weiter. Zuerst in der Brasserie Lorraine, dann in der Reitschule, gefolgt vom Du Nord – alle in Bern – und schliesslich in der Bieler Altstadt in der Kooperative St. Gervais. Juri ist ein Gastgeber, der viel über sich und die Welt nachdenkt.
Hochzeiten und Bauarbeiter
Die Beiz ist ein beliebter Ort für Hochzeiten, runde Geburtstage
und andere Veranstaltungen. Und auch die Hotelzimmer sind gefragt: Zurzeit sind
sie vor allem von Arbeitern belegt, die das gesamte Strassennetz rund um
Frinvillier neu erfinden. Aber wie sagt Juri so schön: «Je mehr Wahnsinn
ringsum, umso einfacher muss das eigene Leben werden.»
Restaurant des Gorges
Taubenlochweg 4, 2535 Frinvilliers
Mo., Di., Ruhetage, Tel. 032 358 11 75