Wasser und Kleintiere
Überhaupt übernehmen Moose in Schluchten wichtige Funktionen. Mit ihren Schwammeigenschaften verhindern sie, dass zu viel Wasser auf einmal abfliesst. Und sie sind Pioniere: Als erste Lebewesen besiedeln sie blanke Felsen und karge Böden. Mit der Zeit sammelt sich in den Moospolstern Feinmaterial, eine Erdschicht bildet sich. So bereiten Moose den Weg für das Wachstum anderer Pflanzen.
Nicht zuletzt sind Moospolster ein Lebensraum für Kleinstlebewesen. Wer vorsichtig etwas Moos von einem Stein hebt, kann darin Spinnen und Käfer finden. Oder winzige weisse, schwarze und rötliche Punkte, die sich unter dem Vergrösserungsglas als Milben, Springschwänze oder Bärtierchen entpuppen. «Diese Tierchen wären ungeschützt, wenn es die Moose nicht gäbe», sagt Heike Hofmann. Bis zu 60 000 Tierchen hat man auf einem Quadratmeter Moos gezählt – eine Kleinstadt im Miniaturformat. Auch grössere Tiere profitieren von den grünen Teppichen. Die Blaumeise, die auch in der Orbe-Schlucht durch die Buchenästchen turnt, polstert ihr Nest mit Moosstücken. Amseln und Igel durchwühlen Moose gerne auf der Suche nach Würmern oder Schnecken.
Seit 1970 steht die Orbe-Schlucht unter Naturschutz. Das nützt auch den Moosen: Langsam, aber unaufhaltsam besiedeln sie tote Baumstämme und Äste, die herumstehen oder -liegen. Doch wie praktisch alle Schweizer Flüsse, ist auch die Orbe nicht mehr in ihrem natürlichen Zustand. Seit Langem wird ihr Wasser zur Energiegewinnung genutzt; acht Kraftwerksanlagen produzieren Strom für ungefähr 30 000 Personen. Unter anderem staut der Barrage du Day einen Teil des Wassers, das in die Schlucht fliesst. Auch der spektakulärste Punkt der Wanderung stand viele Jahre ganz im Zeichen der Wasserenergie: 1890 eröffnete in der Schlucht die weltweit erste elektrochemische Fabrik ihre Tore. Sie nutzte Energie, die aus dem Saut du Day gewonnen wurde. Hier stürzt die Orbe in mehreren Stufen über 70 Meter ins Tal und speist ein grosses Becken, das heute zum Baden einlädt.
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