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Halt! Grenze!

Ein altes Grenzschild versetzt Autorin Iris Kürschner auf einer Wanderung zurück in die Vergangenheit. In ihrer Kindheit nahe der Eisernen Hand, einem so benannten Landstrich nahe Basel, bekam sie nichts mit von den tragischen Ereignissen, die sich hier im Zweiten Weltkrieg abspielten.
06.09.2024 • Text und Bilder: Iris Kürschner
Damals Ziel vieler Flüchtlinge, heute Ausflugsziel: die Chrischonakirche, dahinter Basel mit dem Rhein.
Historische Wanderung zur Eisernen Hand am Basler Rheinknie
Riehen — Wyhlen, Schulzentrum • BS

Historische Wanderung zur Eisernen Hand am Basler Rheinknie

Die Wanderung zur Eisernen Hand nahe Basel bietet Eindrücke in ein dunkles Kapitel des Zweiten Weltkriegs. Der Schweizer Landstreifen, der wie eine Hand in Deutschland hineinreicht, war damals nicht umzäunt und bot damit vielen Flüchtenden die Chance, der Verfolgung durch die Nazis zu entkommen. Die Grenzwanderung führt vom Bahnhof Riehen den Gleisen entlang Lörrach zu. Flüchtlinge sprangen hier dereinst aus den Zugfenstern. Wurden sie erwischt, schickten die Zöllner sie zurück ins Verderben. Die Gedenkstätte im ehemaligen Bahnwärterhäuschen an der Inzlingerstrasse erinnert heute noch an sie. Über den Steingruben- und den Bischoffweg geht es hinauf zu den Schrebergärten Lerchengsang. Der Blick gleitet über das Wiesental, über Lörrach zur Burg Rötteln und die Hügelwellen des Schwarzwaldes. Kurz wieder auf dem markierten Wanderweg, wählt man bei der ersten Abbiegung die Abkürzung geradeaus über einen Feldweg zum Maienbühlhof, wo damals viele Flüchtende aufgenommen wurden. Hinter dem Hof geht der Weg weiter, am Waldrand beim Grenzstein Nr. 74 fädelt man rechts in den unmarkierten Pfad ein, der den Grenzsteinen folgt. Bei Nr. 64 verlässt man rechts die Spitze der Eisernen Hand und damit die Schweiz. Der Waldweg führt nach Inzlingen. Nun wandert man ein längeres Stück auf Asphalt. Man quert über die Sonnhalde das Dorf und gelangt zum Wasserschloss mit dem hübschen Park. Von hier geht es auf dem Planetenweg und immer den gelben Rhomben nach bergauf, bald über die Grenze und panoramareich am Restaurant Waldrain vorbei zur Chrischonakirche. Zurück an der Grenze wandert man rechts durch den urwüchsigen Wyhlengraben. Gelbe Rhomben leiten zu den Ruschbachfällen. Sie sind klein und doch schön, weil der wasserlösliche Kalk Sinterterrassen bildet. Dem Bächlein entlang geht es durch das Ruschbachtal nach Wyhlen, wo der Bus nach Basel fährt.

Da möchte ich hin

Die grüne Grenze zwischen Riehen, Bettingen und Grenzach-Wyhlen lädt heute zum friedlichen Wandern ein. Doch in der Zeit um den Zweiten Weltkrieg hat sich dort Erschütterndes zugetragen. Das aber erfahre ich erst als Erwachsene. Als Kinder haben wir im Grenzwald gespielt, als Jugendliche Geheimbünde geschworen, heimlich geraucht oder Verehrer getroffen. Ahnungslos, während in der Schule ganz nach Lehrplan die Nazizeit durchgekaut wurde. Abstrakt, weit weg. Dabei zog sich im Krieg für Jahre ein gewaltiger Stacheldrahtverhau durch unseren Wald, spielten sich Schicksale vor der Haustür ab. Das hatten die Pauker nicht erwähnt. Und auch ausserhalb des Lehrplans wird nicht gerne über diese Zeit gesprochen. Man übt sich in der Kunst der Verdrängung: «Das isch doch scho so lang her.» Oder der Schuldabweisung: «Andri hänn au schlimmi Sache gmacht.»

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