Ein sentimentaler Abschied

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27.09.2017 • Wanderpapa

Ein sentimentaler Abschied

Unsere Rucksacktrage hat nach zehn Jahren Familienwandern ausgedient. Für einmal werde ich sentimental – und vorübergehend zum EU-Gegner.

„Wow, ist dieser Rucksack unterdessen schwer!“ Immer mehr erwische ich mich in letzter Zeit bei diesem Gedanken. Und verdränge ihn schnell wieder. Das fällt mir zwar schwer, denn das Ding an meinem Rücken wiegt gute 21 Kilo – den kleinen Lichterprinz inklusive. Der Dreijährige liebt das Wandern an Papas Rücken immer noch sehr und ahnt nicht, dass bald Schluss ist damit. Wie soll er auch: Ich geb mir solche Mühe, damit man mir nichts anmerkt.

Die Rucksacktrage haben wir uns vor zehn Jahren gekauft. Als frisch gebackene Eltern einigten uns damals auf eine dunkelblaue Version mit roten Einsätzen. Schlank, elegant, ohne herausstehende, störende Stützfüsse. Ein Hingucker eben. Meine Frau und ich freuten uns, als wir den unterdessen zehnjährigen Zwergenkönig zum ersten Mal hineinsetzten – es fühlt sich an, als wäre es erst gestern gewesen (ich habe euch gewarnt, dass ich sentimental werde. Jetzt ist es passiert). Wir haben mit der Trage viel erlebt: Haben auf dem Hasliberger Zwergenweg mit Tannzapfen um uns geworfen. Im Nationalpark den röhrenden Hirschen gelauscht und sie mit dem Feldstecher aufgespürt. Haben Fröschlein gejagt am Ufer des Klöntalersees. Sind mehrere Wochen durch Kuba und Thailand gereist – die Kinder immer dabei, eines davon immer im Rucksack. Und nicht zuletzt habe ich damit die streikende Zauberfee abgeschleppt.

Trotzig auf vier Beinen
Vor der letzten Wanderung im Appenzellerland merkte ich, dass das Ende nahe ist: Ich habe – ohne zu überlegen – die Wanderstöcke eingepackt. Um mit vier Beinen der Vernunft noch etwas zu trotzen. Auf dem Panoramaweg vom Hohen Kasten nach Stauberen und weiter nach Bollenwees leisteten mir die Stöcke zwar gute Dienste, denn nahe des Weges ging es meist senkrecht zu Tal. Doch beim Tragen halfen die Dinger leider nichts. Meine Schultern schmerzten und stellten die Lockerheit des Wanderpapas arg auf die Probe. Dann wollte der kleine Lichterprinz aussteigen. Klar, das freute mich und meine Schultern: Wie der Papa, so der Sohn. Doch wenn der Junior selber wandert, verlängert das die berechnete Wanderzeit um ein Vielfaches.

Die Zeit der Freiheit ist also vorübergehend vorbei. Wir lassen die Rucksacktrage definitiv zu Hause. Und kehren zum dritten und letzten Mal zurück zu den einstündigen Familienwanderungen, die einen Tag lang dauern und mir viel, viel Geduld abverlangen… Ja, ja, ich weiss, dass ich noch vor kurzem selber geschrieben habe, dass Zeit haben beim Wandern mit Kindern das A und O ist.

Das einzige, was ich nicht vermissen werde, ist dieses ewige Theater mit dem schlauchartigen Kissen. Bis es jeweils montiert war, dauerte es eine gefühlte Ewigkeit. Und dann hielt es doch nicht, was es versprach. Auf meinem Handy sammeln sich Fotos von Kinderköpfen in allen möglichen und undenkbaren Positionen, bei deren Anblick wir Eltern bereits einen steifen Hals bekommen haben.

Ärger über EU-Regelung
Ich werde unsere Rucksacktrage in guter Erinnerung behalten. Ich hätte den Mac Pac nie eingetauscht gegen ein anderes Modell. Denn jedes Mal, wenn ich unterwegs wieder eine neue Trage sehe, störe ich mich an diesen hässlichen Stützfüssen. Die darf ja sowieso niemand brauchen, weil es verboten ist, ein Kind schlafend in der Trage stehen zu lassen. Sie sterben langsam aus, die Tragen ohne Stützfüsse: Irgendeine EU-Regelung verbietet sie, wie mir vor einem Jahr ein Produzent von Mac Pac erzählte.

Die Zeit, wo wenigstens ab und zu eine schöne Rucksacktrage zu sehen war, ist unwiderbringlich vorbei. Das nervt mich – und ich werde flugs zum EU-Gegner. Jedenfalls bis ich meine sentimentale Phase überwunden habe.

Wanderpapa

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