«Where is the mountain»
Ich bin schon fast vierzig und war erst einmal in Zermatt. Es gibt nur noch zwei Dinge, an die ich mich von diesem ersten Mal erinnere: ich war mit einem meiner Ex-Freunde dort und eine komplette verwirrte asiatische Frau fragte mich verzweifelt: «Where is the mountain?» Zu diesem Zeitpunkt war das Matterhorn, nach dem die Frau, wie ich annahm suchte, hinter den Wolken versteckt. Ich versuchte ihr dies klarzumachen, bin aber nicht sicher, ob sie es verstanden hatte. Daran, ob ich das Matterhorn an diesem Tag noch sah oder nicht, kann ich mich nicht erinnern.
Vera Alpina hatte die blendende Idee das Racletteöfeli aus dem Shop der Schweizer Wanderwege zu testen. Kurzum frage ich, sie, ob sie nicht auch gleich mitkommen möchte, und wir entscheiden uns für einen gemeinsamen Ausflug. Somit unternehme ich meinen zweiten Versuch, das Matterhorn «live» zu sehen oder mich zumindest daran zu erinnern, ob ich es «live» gesehen habe oder nicht, zusammen mit Vera. Wir entscheiden uns für die gemütliche Winterwanderung vom Blauherd zur Fluhalp und wieder zurück. Bevor es losgeht, müssen wir noch Proviant beschaffen. Damit wir nicht zu viel Zeit verlieren mit Kartoffeln kochen entscheiden wir uns für eine «schnellere», aber kulinarisch etwas ausgeklügeltere Variante: Birnen, Äpfel, getrocknete Aprikosen und Brot. Zudem testen wir den Käse der Horu Käserei in Zermatt. Neben dem Kühlschrank vor der Käserei treffen wir gleich noch den Käser mit zahlreichen Kesseln Milch und einer Auslieferung Joghurts an.
Nun geht mit den Bahnen hoch zum Blauherd. Grundsätzlich hätten wir die Sicht aufs Matterhorn, dieses versteckt sich aber noch gekonnt hinter den Wolken (und dies seit dem frühen Morgen, ich hätte es nämlich ansonsten aus meinem Schlafzimmer-Fenster erblicken können). Dafür entdecken wir einen Bartgeier, der imposant über dem Sessellift seine Runden zieht. Diese Tiere mit ihrer Flügelspannweite von über zwei Metern sind beeindruckend.
Obwohl das Matterhorn
immer noch nicht sichtbar ist, drückt die Sonne und wir bekommen warm bis wir,
unterhalten von spannenden Gesprächen über Gott und die Welt, auf der Fluhalp
eintreffen. Dort trinken wir einen Tee und machen uns danach auf den Rückweg
zum Blauherd. Nun den Blick stets aufs Matterhorn hinter den Wolken gerichtet. Mit
knurrenden Mägen finden wir einen etwas windgeschützten Ort und packen das
Raclettöfeli und unsere Ingredienzen aus.
Zuerst
kommen Apfel- und Birnenstücke ins Raclettepfännli, damit sie schön
karamellisieren, dann obendrauf der Raclettekäse. Das Schmelzen des Käses
dauert länger als erwartet und wir werden etwas ungeduldig. Einerseits sind
sicherlich die Früchte unter dem Käse schuld daran, andererseits werden die
Kerzen immer wieder vom Wind ausgelöscht, obwohl dieser kaum zu spüren ist. Fazit:
die lochartigen Verzierungen auf dem Öfeli sind zwar dekorativ, aber für ein
Raclette draussen nicht optimal.
Der
Käse geschmolzen und die Früchte karamellisiert lassen wir das ganze auf je
eine Scheibe Brot gleiten. Wunderbar – genau so sollte es sein! Der Käse ist würzig
lecker. Bei der zweiten Portion kommen dann noch getrocknete Aprikosen dazu,
auch das ist himmlisch gut. Vera meint übrigens: «Geduld ist der geheime Genuss
beim Raclette und beim Matterhorn-Watching an bewölkten Tagen».
Während des Essens zeigt sich sodann auch das Matterhorn (fast) ganz von seiner besten Seite. Das Raclettöfeli wieder zusammengeklappt und in dem superpraktischen Etui verpackt, fahren wir satt und mit Sonne getankt wieder ins Tal. Danke Vera für die tolle Idee und deine wunderbare Begleitung – auf ein nächstes Mal 😊- vielleicht zeigt sich dann «the mountain» auch einmal ganz.