Neue Wanderschuhe für den Teenie
Erstmals erhält unser Zwergenkönig Wanderschuhe in Erwachsenengrösse. Er könnte stolz darauf sein. Aber irgendwie checkt er das grad nicht (oder checke ich es nicht?).
Kinderfüsse wachsen und wachsen, im Jahrestakt müssen neue Wanderschuhe her. Nicht ganz billig ist das, obwohl die Kinderschuhe von den Herstellern ja noch quersubventioniert werden und damit günstiger als jene der Grossen sind. Aber das Secondhandgeschäft funktioniert, sehen die Schuhe nach einer Saison doch meist noch ganz ansehlich aus und kosten trotzdem meist nicht mehr so viel.
Bis das Kind dann zum Teenie wird. Spätestens kurz vor der Grösse 40 ist die Kinderschuhabteilung Geschichte, jetzt geht der Schuhwechsel weiter zum Erwachsenentarif, auch wenn die Jahreskadenz bleibt, bis der Teenie dann irgendwann die alten/dieselben Schuhe der Eltern trägt. Wir waren vor Kurzem an diesem Punkt angelangt.
Der Zwergenkönig brauchte also neue Wanderschuhe in der Grösse 42. Ein Lowa Renegade, ein All-Terrain-Klassiker, sollte es sein, einer, der «nach 20 Jahren Weiterentwicklung zum Kultschuh» (O-Ton Hersteller) geworden ist. Mein Sohn sollte also zum ersten Mal in seinem Leben einen Erwachsenenschuh, gar einen Kultschuh erhalten, dachte ich nicht ohne ein klein bisschen Stolz.
Unbewusste Ignoranz
Mein Sohn nahm das nüchterner. Er nahm die blitzblank-sauberen Schuhe, die ich ihm in seinem Zimmer mitten auf dem Sitzsack wie auf dem silbernen Präsentierteller platziert hatte, zur Kenntnis. Ein «Danke» erhielt ich noch, pflichtbewusst und selbstverständlich, wie er das gelernt hatte. Doch dann war wieder anderes wichtig in seinem Leben. «Nicht den Kopf hängen lassen», sagte ich mir und nahm mir vor, geduldig zu bleiben. Doch neben den Schuh gesellten sich in Windeseile schmutzige Kleider, die Trainingstasche, verschwitzte Sportshirts, alte Socken. Irgendwann kippte der Sitzsack, das ganze Bagage fiel runter mitsamt den Schuhen, und es sah so gar nicht kultig aus. Ich verdonnerte ihn also am nächsten Samstag zum Aufräumen. Wenn er eine solche Anweisung meinerseits mal akzeptiert hat, geht es aber jeweils schnell. Und eine halbe Stunde später standen die neusten Wanderschuhe also im Treppenhaus auf dem Schuhgestell. Und dort verbrachten sie die nächsten Wochen, bis ich sie dann schliesslich wortlos im Keller versorgte.
Die Kehrtwende
Nun war es zugegebenermassen so, dass wir in diesen Wochen auch keine für ihn attraktive Wanderung auf dem Programm hatten. Und da auch ein 14-Jähriger noch immer sehr im Moment lebt, nahm ich dies als Erklärung für sein Schuh-Desinteresse. Bis ich dann die beiden älteren Kinder in den Sommerferien zu einer Gipfelwanderung einlud. Sie sagten sofort zu, den Vater für einige Stunden allein für sich zu haben, fanden sie toll. Und siehe da: Der Zwergenkönig schnürte sich motiviert seine Schuhe. Sie passten gut, wir wanderten zügig von der Kandersteger Seite hinauf auf den Bunderspitz, genossen oben ein Picknick, bevor wir den Abstieg nach Adelboden in Angriff nahmen. Und immerhin hatte ich ab und zu das Gefühl, dass er etwas Freude hatte an seinen neuen Erwachsenenschuhen.
Oder hab ich mir das nur eingebildet?
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